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Krankheiten - „Frischwasserallergie“

Oder: Wer suchet, der findet.

Fast immer, wenn man sich mit einem Problem beschäftigt, lohnt es sich, den Begriff, der dieses Problem zu beschreiben versucht, einmal genauer zu betrachten. In diesem Fall: „Frischwasserallergie“. Ein höchst mysteriöses Krankheitsbild, das immer wieder Gegenstand zahlreicher Diskussionen ist. Diskus sollen davon recht häufig betroffen sein, seit Jahrzehnten immer wieder Seitenfüller im DISKUS BRIEF und zahlreichen anderen Publikationen.

Nun gut: „Frischwasserallergie“. Zusammengesetzt aus den beiden Worten „Frischwasser“ und „Allergie“. Laut wissen.de ist die gängige Definition für Frischwasser „Wasser, das aus einem Gewässer zur Kühlung entnommen und nicht in einem technischen Kreislauf geführt wird.“ Es darf natürlich nun erst einmal bezweifelt werden, dass viele Aquarianer ihre Wasserwechsel tatsächlich mit Wasser durchführen, das „nicht in einem technischen Kreislauf geführt wird“. Vielmehr: In aller Regel stammt es zunächst aus der Hauswasserleitung, also sehr wohl aus einem „technischen Kreislauf“, wenn man die Aufbereitung in Kläranlagen und Wasserwerken als solchen verstehen möchte.

Soweit so gut. Goldwaage. Erbsenzähler. Man „weiß“ ja schließlich was gemeint ist. „Frischwasser“ eben deshalb, weil beim Wasserwechsel „frisches“ Wasser im Gegensatz zum „alten“ Wasser im Aquarium benutzt wird. Natürlich (?).

„Man“ weiß also auch sicher um die Bedeutung des zweiten relevanten Wortes: „Allergie“. Spricht man von einer „Frischwasserallergie“, ist „Frischwasser“ also das Allergen, das für die Krankheitssymptome verantwortlich zeichnet. Laut Wikipedia ist ein Allergen „eine Substanz, die über Vermittlung des Immunsystems Überempfindlichkeitsreaktionen auslöst.“ Und weiter: „Allergien gegen Wasser […] sind aber per definitionem nicht möglich, da einer Allergie eine unangemessene Immunantwort auf ein Allergen zugrunde liegt. Wasser [ist] aber nicht immunogen und daher auch nicht „allergisierend“.“

Es darf also zumindest als einigermaßen gesichert angesehen werden, dass für dieses bestimmte „Krankheitsbild“ ein völlig falscher Begriff verwandt wird.

Natürlich. Zumindest in Fachkreisen ist diese Erkenntnis nicht neu. Auch Horst Köhler, der Erfinder der „Frischwasserallergie“ verwendet natürlich grundsätzlich Anführungszeichen, in der sicheren Überzeugung, dass es sich eben nicht um eine „Allergie“ im medizinischen, sondern im umgangssprachlichen Sinne handelt. Es stellt sich hier auch die Frage, wie sinnvoll es ist, eine offenbar völlig irreführende Bezeichnung zu prägen, nur weil sie vielleicht „griffig“ klingt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang folgendes Zitat Horst Köhlers (DISKUS BRIEF 2 / 1987, erschienen auch in Heft 2 / 2007):

„Die Krankheit hat weder mit […] noch mit „geheimnisvollen“ Bakterien oder Viren zu tun […].“

Nochmal: Die „Krankheit“ hat also nichts mit Bakterien zu tun. Empfohlen wird aber die Behandlung mit Amoxicillin, einem Antibiotikum. Zitat von Dirk Anscheit, Heft 2/2007 im Artikel „Positive Erfahrungen mit Amoxicillin bei der Behandlung der „Frischwasserallergie“: „Inzwischen hatte ich das Buch von Horst Köhler kennen und schätzen gelernt und musste nun davon ausgehen, dass es sich um die […] „Frischwasserallergie“ handelt. Wie in diesem Buch beschrieben ist, habe ich […] sofort mit Amoxicillin (1,5 g je 100 l) behandelt.“

Zum Mitschreiben: Eine „Krankheit“, die nichts mit Bakterien zu tun hat, soll mit einem Mittel (Antibiotika), dessen einziger Zweck die Bekämpfung von Bakterien ist, behandelt werden.

Na sicher.

Übrigens: Die beschriebene „positive Erfahrung“ mit der Amoxicillin-Behandlung sah so aus: Zwei Drittel der mit Amoxicillin behandelten Fische sind gestorben. Um genau zu sein: 4 von 6 Diskus haben nicht überlebt. Um es mit den Worten von Dirk Anscheit zu sagen: „Ich hätte aber auch nie gedacht, dass die Fische mit der richtigen Gabe von Amoxicillin so schnell wieder gesunden können […]“. Nachzulesen ist das hier.

Ob ihnen auch eines Tages die „Frischwasserallergie“ zu schaffen machen wird?

Die Perspektive macht’s: Für die einen haben wenigstens zwei der Fische durch das Antibiotikum überlebt. Für die anderen haben zwei Diskus trotz Amoxicillin überlebt. Können Sie einwandfrei sagen, wer recht hat?

Es kann sich durchaus lohnen, ein paar Gedanken vorher zu denken. Meinen Sie nicht? Zum Beispiel, ob es sinnvoll ist, für eine Wirkung immer nur eine einzige mögliche Ursache in Betracht zu ziehen.

Wenn Probleme unmittelbar nach einem Wasserwechsel auftreten ist ein Zusammenhang natürlich offensichtlich. Abgesehen davon, dass das „Offensichtliche“ nicht immer das „richtige“ sein muss, könnte man auch auf die Idee kommen, dass der Wasserwechsel einfach falsch durchgeführt wurde. Und man könnte auf die Idee kommen, dass eine Behandlung von Gasauscheidungen mit Antibiotika einigermaßen absurd ist.

Übrigens: Für meinen Geschmack sind schon genügend Medikamente im Grundwasser.

Wohl bekomm’s!