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Rüsselbarben - Verwirrspiel um "Algenfresser"

Seit Jahren beschäftigen ein paar algenfressende Fische, die unter der deutschen Sammelbezeichnung "Rüsselbarben" gepflegt und gehandelt werden, die Aquarianer, Zoofachhändler und Autoren aquaristischer Literatur.

Stein des Anstoßes in den letzten Jahren waren vor allem zwei Darstellungen:

Im MERGUS Aquarien Atlas werden auf den Seiten 418/419 zwei Fische mit einer gewissen Ähnlichkeit gezeigt: oben Epalzeorhynchus kalopterus, "Schönflossige Rüsselbarbe" und unten Crossocheilus siamensis, "Siamesische Rüsselbarbe" (in der 10. Auflage mit dem Tippfehler "Siamsische").

Bild 1: (Abbildung gescannt aus MERGUS Aquarien Atlas (1), 10. Auflage)

Auf den beiden Bildern ist klar zu erkennen, dass E. kalopterus einen bis zur Schwanzgabelung durchgehenden schwarzen Mittelstreifen hat und dieser Streifen bei C. siamensis nur bis zur Schwanzwurzel verläuft. Im Text heißt es dann unter Anderem: "... Die Art gilt heute als der beste Algenfresser im Aquarium. Sie wurde zuerst von Dr. BAENSCH als solcher erkannt und über die Zierfischzüchterei West-Aquarium bekannt gemacht. Trotz seiner Unscheinbarkeit fehlt der Algenfresser heute in keinem Zoogeschäft."

Bei DENNERLE findet sich in mehreren Publikationen, zuletzt in "System für faszinierende Aquarien", eine Gegenüberstellung von zwei sehr ähnlichen Arten, die sich fast nur durch den schwarzen Längsstreifen unterscheiden.

Bild 2: Abbildung aus DENNERLE "System für faszinierende Aquarien"

Tatsächlich ist die Unterscheidung zwischen E. kalopterus und C. siamensis überhaupt kein Problem, wenn man sich die beiden Arten genau betrachtet. Die Verwirrung entstand, weil es offensichtlich noch mindestens eine weitere Art gibt, die der C. siamensis bis auf den Längsstreifen extrem ähnlich ist. Eine sehr gute Gesamtdarstellung in englischer Sprache findet man bei Neil Frank und Liisa Sarakontu, mit Zeichnungen.

Um die Verwirrung komplett zu machen, hier noch eine (richtige) Darstellung, die in dem Büchlein "Kleine Zierfischkunde", von Dr. ULRICH BAENSCH, also dem Vater von Hans A. BAENSCH (MERGUS Aquarien Atlas)  damals noch TETRA Verlag, erschienen ist:

Bild 3: Abbildung aus "Kleine Zierfischkunde", Dr. Ulrich BAENSCH, TETRA Verlag, 1976

Aus dieser Abbildung geht eindeutig hervor, dass der untere Fisch Crossocheilus (Syn. Epalzeorhynchus) siamensis ist und sich durch das Längsband von dem abgebildeten gleichnamigen Fisch im MERGUS Aquarien Atlas unterscheidet.

Die folgenden Abbildungen zeigen die meist im Handel angebotenen Fische:

Bild 4: Eine der "falschen" Rüsselbarben, wahrscheinlich Garra sp. af. cambodgiensis
Bild 5: Die "echte", algenfressende Rüsselbarbe Crossocheilus siamensis
Bild 6: Vermutlich die im MERGUS abgebildete, also die nicht algenfressende Art
Bild 7: Dieser Fisch ist eindeutig Epalzeorhynchus kalopterus
Bild 8: Noch ein "Gestreifter": Der "Algensalmler" Parodon affinis
Bild 9: Kaum zu glauben, aber auch sie wird noch manchmal mit Rüsselbarben verwechselt: Die Siamesische Saugschmerle Gyrinocheilus aymonieri
Bild 10: Die Ceylon-Saugbarbe Garra ceylonensis ceylonensis gehört zu den besten Algenfressern

Wenn auch die wissenschaftlich korrekte Bestimmung noch nicht endgültig abgeschlossen ist, kann man aus dem vorliegenden Material ganz sicher den Schluss ziehen, dass in diesem Fall die Darstellung des MERGUS Aquarien Atlas nicht korrekt ist. Die im MERGUS abgebildete Art dürfte identisch sein mit dem auf Bild 6 abgebildeten Tier und gehört damit zu den weniger guten Algenfressern. Die Abbildung im Buch "Kleine Zierfischkunde" von Dr. Ulrich Baensch zeigt die gleiche Art wie mein Bild 5, also die heute so bezeichnete Art Crossocheilus siamensis. Wenn meine Fotos 4 und 6 die gleiche Art in verschiedenen Altersstufen zeigen (sehr wahrscheinlich) und diese zu Garra gehört, ist höchstwahrscheinlich der Fisch im MERGUS ebenfalls zu dieser Gattung zu zählen.

Ein wichtiger Hinweis sollte hier aber nicht fehlen: Rüsselbarben werden relativ groß (bis 18 cm) und sollten aus diesem Grund nicht in zu kleinen Aquarien gepflegt werden. 100 cm Kantenlänge sollten die Aquarien mindestens haben; je größer, desto besser. Über die Verträglichkeit gibt es völlig unterschiedliche Praxisberichte. Nach meinen eigenen Erfahrungen kommt es in kleinen Aquarien recht oft vor, dass dominante Tiere die kleineren permanent unterdrücken und jagen. In größeren Aquarien mit der Möglichkeit, kleine Trupps von ca. 5 Tieren zu halten, sind die Rüsselbarben wesentlich ruhiger und vertragen sich recht gut. Gefährliche Raufereien, die mit Verletzungen endeten, konnte ich nie beobachten.

© Bernd Kaufmann